Produkte im Prospekt
„Die Frage lautet längst nicht mehr, ob wir in Zukunft Fleisch essen, sondern vielmehr, welche Art von Fleisch.“ Hanni Rützler, Food-Trendforscherin Hinweise, dass Hülsenfrüchte wie Kichererbsen, Kidney- bohnen und Linsen möglicherweise sogar helfen, den Cholesterinspiegel zu senken. Langzeitstudien der Harvard Medical School in Boston konnten belegen, dass pflanzliche Eiweißquellen meist gesünder sind als tierische. Was Menschen neben gesundheitlichen Aspekten bewegt, auf Fleischersatz umzusteigen: Lebensmittel auf Pflanzenbasis sind wesentlich umweltfreundlicher herzu- stellen als tierische Produkte. Und nicht zuletzt spielen ethische Gründe, der Wunsch nach mehr Tierschutz, zunehmend eine Rolle. In grillbare Form bringen Doch so abwechslungs- und nährstoffreich Hülsenfrüchte auch sein mögen - auf dem Grill oder in der Pfanne machen sie nicht immer die beste Figur. Steaks auf Basis von Sojabohnen vermitteln schon länger die gewohnte Haptik und Optik. Doch langsam laufen ihnen Linsen, Erbsen und Bohnen den Rang ab. Um solche Hülsenfrüchte in grillbare Form zu bringen, verfeinert die Lebensmitteltechnologie derzeit ein seit Jahrtausenden bekanntes Verfahren: die Fermentation. Der Prozess bewirkt, dass Milch durch die Zugabe von Lab zu Käse wird, dass Trauben vergären oder man aus Getreide Bier brauen kann. Mit der modernen Präzisionsfermentation lassen sich aus pflanzlichen Rohstoffen durch Zugabe von passenden Mikroorganismen Proteine gewinnen, die bisher nur in tierischen Produkten vorkamen. Auch in so großen Mengen, dass die Welt zukünftig besser versorgt werden kann. Denn die Präzisionsfermentation lässt auch künstliches Fleisch aus dem Labor besser wachsen oder kann aus Überresten in der Lebensmittelproduktion ansehnliche essbare Produkte machen. Forscherinnen und Forscher nutzen die Präzisions- fermentation mittlerweile auch, um Milch zu ersetzen - allein mithilfe von Kuh-DNA lassen sich Milchproteine produzie- ren. Der daraus hergestellte tierfreie Käse hat in einer ersten Studie der englischen Universität Bath den Geschmackstest bei mehr als 5.000 Verkostern und Verkosterinnen mit Bravour bestanden. Grüne Algen in Glasröhren Dass die Zutaten für die neuen Lebensmittel aus Pflanzen nicht zwingend an Land wachsen müssen, beweist der Biologe Jörg Ullmann. Als Geschäftsführer einer Farm in Sachsen-Anhalt züchtet er in großem Stil Chlorella-Algen. Während die kräftig-grüne Mikroalge in Asien und Amerika MARKTPLATZ in offenen Teichanlagen produziert wird, bietet Ullmann ihr einen neuen Lebensraum: Glasröh- ren, die aneinandergereiht 500 Kilometer lang und rundherum lichtumflutet sind. Das sorgt für optimales Algenwachstum. Inhaltlich steht die Grünalge ihren Pflanzengenossinnen vom Festland kaum nach: „Sie ist zum Beispiel sehr proteinreich“, sagt Ullmann. Dazu kämen unter anderem noch gute Aminosäuren, Mineralien oder das Vitamin Bı2. Noch sind Ullmanns Produkte hauptsächlich als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich. Der Biologe schätzt aber, dass schon heute in bis zu 70 Prozent aller Lebensmit- tel Algen stecken. Auch dort, wo die Ernährung vielleicht nicht in allererster Linie auf das körperliche, sondern auf das seelische Wohlbefinden Einfluss nimmt. „Die blauen oder grünen Gummibärchen“, so Ullmann, ‚verdanken ihreFarbeAlgen.“ © EIWEISS FÜR DIE WEL Bis 2050 werden fast 10 Milliarden Menschen auf der Erde leben und zusätzliche 265 Millionen Tonnen Eiweiß pro Jahr für die Ernährung benötigen, so prognostiziert die Welternährungsorganisation FAO. Denn in den Entwicklungs- und Schwellenländern kommen mit dem Wohlstand auch mehr Steaks, Milch und Käse auf den Tisch. Damit keine Lücke entsteht, müssten 50 Prozent mehr der lebenswichtigen proteinreichen Lebens- und Futtermittel als heute erzeugt werden - mit fatalen Folgen für die Umwelt: 14,5 Prozent der globalen Treibhausgase stammen aus der Viehwirtschaft. Auf der Suche nach umweltfreund- lichen Eiweißquellen richtet sich der Fokus auch verstärkt auf Insekten. Sie sind reich an Proteinen, Vitaminen, Mineralien, Ballaststoffen sowie ungesät- tigten Fettsäuren. Aus Insekten entstehen heute . bereits Burger, Proteinriegel und Fertigmischungen für Risotto oder Brownies. Noch sind die Verbraucherin- nen und Verbraucher in Industrieländern zurückhal- tend. Immerhin: Der gelbe Mehlwurm und die i europäische Wanderheuschrecke haben 2021 die EU-Zulassung als Lebensmittel erhalten. Seit Anfang 2022 trifft das auch auf die Hausgrille zu.
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