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Aufden ersten Blick ist es eine ganz nor- male Wohnung, vielleicht ein bisschen unordentlich und mit Möbeln, die sti- listisch nicht exakt zusammenpassen: Eine moderne Küchenzeile, ein gemüt- liches Sofa an der Wand und ein riesiger Tisch, den man sonst in Seminarräumen findet. Für Unterhaltung sorgt im nächs- ten Raum ein Tischkicker und ein Regal voll mit Büchern und Spielen. Auf dem Kühlschrank im Flur stehen Chipstü- ten, innen belegen Bier und Bio-Brause Als nachbar- schaftlicher Treffpunkt gibt es nicht einen Raum, sondern gleich eine Wohnung. die Fächer. Die kleine Erdgeschosswoh- nung, durch die uns Familie Moßmann führt, istnichtihr Zuhause - oderbesser: nur zu einem sehr kleinen Teil. SOZIALE ZUKUNFTSFÄHIGKEIT Die 56 Parteien, die sich hier auf vier Häuser verteilen, haben eine Erdge- schosswohnung gemeinsam gemietet. In ihr spielen Kinder bei schlechtem Wetter am Kicker und huschen bei gutem Wetter schnell rein vom Spiel- platz, um die Toilette zu benutzen. Der Kühlschrank fungiert als Minikiosk - wer sich etwas nimmt, trägt sich auf einer Strichliste ein. In der Gemein- schaftswohnung werden Geburtstage gefeiert und finden Pilates-, Näh- und Kunstkurse statt „Wohnen mit Mitgestaltungsmöglich- keiten“, dieser Wunsch hatte Jana und Sebastian Moßmann vor über zehn Jahren motiviert, sich einer Baugemein- schaft anzuschließen. Eher naiv seien sie in das Abenteuer Bauen reingestolpert. Ein Grundstück hatte die Gruppe noch gar nicht in Aussicht. Dann gab es plötz- lich die Möglichkeit, in ihrem Viertel, Hamburg-Uhlenhorst, aufdem Gelände der ehemaligen Frauenklinik Finkenau zu bauen. Allerdings war das ausge- schriebene Projekt so groß, dass sich ihre Baugruppe mit dreianderen zusammen- tun musste, um die Anforderungen zu erfüllen. Überhaupt gab es einige Auf- lagen. Denn wenn eine Stadt wertvolles Bauland nicht an private Bauträger, son dern zu einem günstigeren Preisan eine Sebastian Moßmann kickert mit Tochter Lara in der Gemeinschaftswohnung ... alverde Oktober 2022 Baugemeinschaft verkauft, dann willsie damit ein Wohnen fördern, das beson- ders ökologisch, sozial und inklusiv ist. Die Moßmanns blättern noch einmalin der Bewerbungsbroschüre, mit der sich der Zusammenschluss der Baugemein- schaften als „Vier für Finkenau“ 2012 Ba Mm ... und Sohn Loah erkundet darin das Regal mit Büchern und Spielen zum Ausleihen. der Stadt vorstellte. Eine bunte Truppe ist auf dem Gruppenfoto auf der ersten Seite zu sehen: Familien, junge Paare wie die Moßmanns, Senioren und einige Menschen im Rollstuhl - Wohnungen sollten barrierefrei gebaut sein, sodass auch Baugruppen-Mitglieder mit Mul- tipler Sklerose selbstbestimmt darin wohnen können. „Durch das Bauprojekt haben wir Men- schen außerhalb unseres sonstigen Umfeldes kennengelernt“, sagt Jana Moßmann. Spätabends oder am Sonn. tagnachmittag noch eine Zutat fürs Essen organisieren - klappt in wenigen Minuten über die hausinterne Chat- gruppe. Auch Kleider, Haushaltsgegen- stände, Spiele und anderes werden so getauscht oder verschenkt. Zusammen- leben funktioniert ohne Hausordnung und sogar zur Pflege der Grünanlagen finden sich freiwillig so viele so regel- 79
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