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IN WELCHER WELT WOLLEN WIR LEBEN? dafür, das Wahlrecht auf unter 16 Jahre abzusenken - das sollte aber auf jeden Fall und sehr bald geschehen Jens Teutrine: Für die einheitliche Herab- setzung des Wahlalters auf 16 setze ich mich schon länger ein und es steht auch als Vorhaben im Koalitionsvertrag. Es ist nicht nur fair, dass junge Menschen in einer alternden Gesellschaft möglichst früh eine Stimme bekommen. Das Wahl- recht mit 16 hat zudem den Vorteil, dass der erste Wahlgang im Schulunterricht begleitet werden kann. Und wer einmal wählen geht, tut es mit großer Wahr- scheinlichkeit wieder. Claudia Langer: Wichtig ist aber auch das, was zwischen den Wahlterminen passiert. In Kanada beispielsweise konnten junge Leute über Teile des Stadthaushaltes mitentscheiden. Ihr politisches Interesse steigt daraufhin dramatisch. In Deutsch- land dagegen ist Jugendpartizipation und -befragung eine einzige Mogelpackung Jens Teutrine: Absolut! Das ist der Kat- zentisch! Ich bin dafür, dass ein Kind gleich nach der Geburt ins Wahlregister eingetragen wird. — Claudia Langer — Claudia Langer: Wir geben Millionen für Veranstaltungen aus, in denen Jugendli- che Demokratie spielen und Abstimmun- gen durchführen, die nicht zählen. In der Generationen Stiftung haben wir uns des- halb bewusst anders aufgestellt und den Jugendrat zum Kern der Stiftung gemacht. In keiner Organisation, die strukturiert ist, haben Jugendliche sonst so viele Kompe- tenzen. Anderswo werden sie getätschelt, gelobt, aber wieder rausgeschickt. Damit gewinnt man junge Menschen nicht für die Politik, sondern frustriert sie Braucht es eine Jugendquote in Parteien und Parlamenten? Jens Teutrine: Quoten lehne ich ab. Es ist eher die Frage, wie politische Kulturen in Parteien funktionieren. Wie offen sind die Älteren, wie ernst wird man genommen, über welche Themen wird gesprochen? Ich denke, auch Jugendparlamentarier haben ein ehrliches Feedback verdient. Junge Leute können damit umgehen, wenn man sagt: „Das sehe ich anders“. Und Jugend- parlamente sollten zumindest ein kleines, eigenes Budget haben Das Bundesverfassungsgericht hat das Klimaschutzgesetz im letzten Jahr teil- weise verworfen, weil es die Gefahren des Klimawandels und auch die Lasten für dessen Bekämpfung zu weit in die Zukunft verlagert. Spricht Ihnen dieses Urteil aus dem Herzen? Claudia Langer: Extrem. Dass das Bun- desverfassungsgericht die Rechte der zukünftigen und der heutigen Kinder so ernst genommen hat, ist ein Hoffnungs- schimmer. Insofern setze ich auch große Hoffnung darauf, dass Kinderrechte ins Grundgesetz aufgenommen werden. Ich wünsche mir, dass Kinderschutz umfas- sender verstanden wird: Es geht nicht nur Schutz vor Gewalt und Ausbeutung im Heute, sondern es geht darum, die Bedin- gungen für ein menschenwürdiges Leben in der Zukunft zu bewahren. Jens Teutrine: Ich finde, es ist eine fast revolutionäre Grundsatzentscheidung, die den philosophischen Gedanken der Gene- rationengerechtigkeit beinhaltet. Heutige Entscheidungen dürfen die Freiheitsräume in der Zukunft nicht unverhältnismäßig einschränken. Es ist auch eine Watsche für die Politik, weil zu wenig passiert Wie konkret kann man die Interessen der zukünftigen Generationen berücksichti- gen? Keine Partei hat doch im Programm „Nach uns die Sintflut“ und gleichzeitig engt jede Entscheidung den Handlungs- spielraum der Nachfolgenden ein. Claudia Langer: Ich würde Ihnen wider- sprechen. Ich glaube, dass Angela Merkel alverde Oktober 2022 JENS TEUTRINE Er wuchs als Kind einer alleinerziehenden Mutter auf und besuchte wegen einer Sprachstörung zu- nächst die Förderschule. Der Student der Philoso- phie (Jahrgang 1993) ist seit 2020 Vorsitzender der Jungen Liberalen und sitzt seit 2021 für die FDP im Deutschen Bundestag wider besseres Wissen Dinge unterlassen hat. Politiker sind oft den Weg des gerings- ten Widerstandes gegangen. In Deutsch- land spielen wir immer Arbeitsplätze gegen Zukunft aus. Politiker haften nicht für ihre Entscheidungen, selbst wenn sie grob fahr- lässig handeln. Das ist in der Wirtschaft anders. Deshalb erlebe ich bei Politikern oft eine relative Sorglosigkeit. Ich wüsste aber auch nicht, wie man das ändert. Jens Teutrine: Ich erlebe, dass Politiker alles andere als sorglos durch die Gegend laufen. Ich denke, dadurch, dass über- haupt über Generationengerechtigkeit gesprochen wird und die Interessen der jungen und zukünftigen Generation in den Blick genommen werden, kommt man in einen anderen Modus. Claudia Langer: Den Generationenvertrag gibt es seit Menschengedenken. Die Geburt eines Kindes geht mit dem Versprechen einher: Ich werde auf dich aufpassen. Den Generationenvertrag, den ich mir heute wünsche, ist, dass die ältere Generation nicht nur Lob und Anerkennung spendet, sondern aktiv an der Seite der Jungen steht und in ihrem Sinne handelt
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