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Kaum vorstellbar, wie viel Geduld es erfordert, diesen Vorgang bei großen Flächen Tausende Male zu wieder- holen - ohne schneller werden zu dürfen. Und trotzdem: Die eigentliche Arbeit, so Michelle, stecke in der Vorbereitung der Oberfläche, dem Schlei- fen, der mehrfach aufgetragenen Grundierung mit ei- nem nach eigener Rezeptur hergestellten Kreidegrund und den bis zu vier Schichten aufgetragenem Poliment. Dazu kommen Trocknungszeiten, das Polieren. „Für die Polimentvergoldung braucht es extrem viel Erfahrung und Geduld“, erklärt sie in ihrem Atelier in Berlin-Wei- Bensee. Hier im Erdgeschoss eines über 100 Jahre alten Fabrikgebäudes, hinter roten Backsteinmauern und al- ter Industrieverglasung, arbeitet die Mittdreißigerin an kleineren Objekten, die sich für eine Vergoldung trans- portieren lassen. AUFTRAG VON DER STAATSOPER Ein eigenes Atelier - selbstverständlich ist es nicht für Michelle Sachs. Denn obwohl sie ihren Gesellenbrief schon seit 15 Jahren in der Tasche hat, leben ließ sich von dem seltenen Beruf anfangs nicht. „In den ersten Jahren habe ich in Malerbetrieben ausgeholfen, um mich über Wasser zu halten‘, erzählt sie. Der Wende- punkt kam schließlich 2017 mit einem Auftrag von der Staatsoper in Berlin. Mehr als ı3 Kilometer Profile und Ornamente hat sie dort vergoldet. „Das hat sich irgend- wie so ergeben”, sagt sie lachend. Denn eigentlich hatte man sie nur für ein paar Türen angefragt, mit einer Kol- legin in ein paar Wochen machbar. „Als wir damit fertig waren, hieß es: Es gibt da noch viel mehr. Könnt ihr das auch noch übernehmen?" Über Nacht wurde Sachs zur Chefin, leitete ein ganzes Jahr lang ein schnell zusam- mengestelltes siebenköpfiges Team aus Restauratoren, Künstlern und anderen Handwerkern an und brachte die Räume zum Glänzen - wenn auch nicht mit echtem Gold, wie sie verrät: „Große Flächen sind wegen des ho- hen Materialpreises fast immer aus Messing.“ Aber der Unterschied sei für den Laien kaum auszumachen. Ihr Beruf hält gleichwohl nicht nur Großbaustel- len bereit. Gerade vergoldet sie einen Autoschlüssel, den ihr ein Kunde vorbeigebracht hat. Als Geschenk soll er die Erinnerung an eine gemeinsame Australien- reise wachhalten. Sachs hat ihn bereits mit dünnem Blattgold bedeckt. Überschüssiges Material steht hier und da etwas ab, die Oberfläche ist noch nicht poliert. 30 „Vor allem Gold hat etwas Magisches, eine starke Kraft. Anders als andere Metalle läuft es nicht an, sondern bleibt einfach, wie es ist.” Michelle Sachs über den großen Vorteil von Gold Bei Ölvergoldungen wie dieser nutzt Sachs dafür einen sehr feinen Pinsel. Polimentvergoldungen dagegen er- halten ihren letzten Schliff durch einen Achatstein, mit dem sie Strich um Strich über das Blattgold reibt. So wird der darunterliegende Kreidegrund zusammen- gepresst. Das bringt die Oberfläche schließlich zum Strahlen - manchmal so sehr, dass auf der vergoldeten und hochglanzpolierten Fläche keine Schatten mehr sichtbar werden können. Zu dieser Erkenntnis kam sie eher unfreiwillig bei der Anfertigung ihres Gesellenstücks. Auf einer nach historischem Vorbild gedrechselten Sonnenuhr zeigte sie die in der Ausbildung gelernten Veredelungstechni- ken. „Es war viel Arbeit, dafür alles so zu berechnen, dass der ausklappbare Schattenwerfer eine Linie auf den Graphen wirft.“ Eigentlich, denn die Polimentver- goldung, die Sachs auf Hochglanz polierte, spiegelte so sehr, dass sich selbst bei direkter Sonneneinstrahlung kein Schatten entdecken ließ. „Das habe ich aber erst gesehen, als sie fertig war“, erzählt Michelle lachend von der nicht funktionstüchtigen Sonnenuhr, die trotzdem mit „sehr gut“ benotet wurde. MIT FARBEN IST DAS NICHT ZU SCHAFFEN Es ist dieser außergewöhnliche Glanz, der die Berlinerin bis heute fasziniert. „Das erreicht man nicht mit Far- ben, das geht nur mit Metall. Vor allem Gold hat etwas Magisches, eine starke Kraft. Anders als andere Metalle läuft es nicht an, sondern bleibt einfach, wie es ist, auch draußen.“ Den Glanz bringt sie zu Privatkunden nach Hause, etwa wenn sie einzelne Wände oder Nischen vergoldet, Dekorationsobjekte oder persönliche Erin- nerungsstücke aufarbeitet. Das Blattgold sowie auch andere Schlagmetalle bezieht sie wie viele der für das Vergolderhandwerk nötigen Werkstoffe und Werkzeuge von einer der beiden traditionsreichen Blattgoldschlä- gereien in Deutschland. Der Preis des Blattgolds orientiert sich dabei ta- gesaktuell am Börsenwert des Goldpreises. So müsse man bei ihr für die Vergoldung einer etwa ein Quadrat- meter verputzten Wand mit echtem Blattgold derzeit mindestens 620 Euro einplanen, während die gleiche Arbeit mit Messing schon ab etwa 225 Euro machbar sei. „Allerdings spielen noch so viele andere Faktoren eine Rolle, dass sich der tatsächliche Aufwand nur individu- elleinschätzen lässt“, erklärt die Vergolderin, dieauch > BAUHAU
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