Produkte im Prospekt
KULTURELLE ZUKUNFTSFÄHIGKEIT in Herz für die Hand? Viele Ausbildungsberufe bieten gute Karrierechancen. Trotzdem zieht es mehr und mehr junge Menschen an die Universität. Mit Friedrich Hubert Esser vom Bundes- institut für Berufsbildung (BIBB) klären wir, was Fachkräftemangel mit der Wert- schätzung von Hand- und Kopfberufen zu tun hat. alverde: Woran orientieren sich junge Menschen bei der Berufswahl? Friedrich Hubert Esser: Zuerst daran, wie der Beruf mit ihren Fähigkei ten zusammenpasst und welche Per spektiven er für die Karriere sowie die Work-Life-Balance bietet. Sie beziehen in ihre Entscheidung aber auch mit ein, wie der Berufin ihrem Umfeld, bei den Eltern und in ihrem Freunde: ankommt. Und, das haben ver unserer Studien gezeigt: wichtig, einen Beruf zu haben, der sie möglichst gebildet wirken lässt. kt Deshalb genießen praktische Berufe wie Pfle; hohe Ane: dankbar, dass y Arbeiten jemand macht. Aber sie möch- ten die Berufe nicht unbedingt selbst ausüben oder streben sie nicht für ihre Kinder an. Woran liegt es, dass kognitive Berufe ein so viel besseres Image haben? Wir erleben seit den 1960er-Jahren einen Wandel von der Industr: ur V wirtschaft. Damit hat sich unser Bil dungsbegriff auf analy 'h-kognitive Fähigkeiten verengt. Dabei wird über sehen, wie komplex auch praktische ens- _—E& Friedrich Hubert Esser machte eine Ausbildung als Bäcker. Nach dem Abitur studierte er Wirtschaftswissen- schaften und forschte anschließend zur beruflichen Bildung. Seit 2011 ist er Präsident des BIBB Tätigkeiten sind: Wenn ein Schreiner ein Möbelstück entwirft, eine Busfahrerin den Bus durch den Stadtverkehr lenkt oder jemand im Einzelhandel eine Filiale leitet, dann erfordert das so viel mehr als bloßen körperlichen Ei: 7 Einige Ausbildungsberufe wie die Heb- amme wurden in Studiengänge umge- wandelt. Ist das die Lösung? Wenn das wichtigste Motiv hinter der alverde Januar 2023 Akademisierung von einstigen Ausbil dungsberufen ist, deren Reputation zu steigern, finde ich das fragwürdig. Die Qualität des dualen Systems ist unbe stritten: Die Lehrlinge sind von Anfang aninreale Arbeitsprozesse eingebunden und entwickeln ihre Kompetenzen in der Arbeit. „Unser Bildungsbegriff hat sich auf analytisch- kognitive Fähigkeiten verengt.“ Müssen wir schon im Bildungssystem ansetzen und im Unterricht auch prak- tische Fähigkeiten fördern? Damit sich nachhaltig am Image der Ausbildungsberufe etv dert, muss unser Bildungsbegriff ganzheitlicher werden und praktische Fähigkeiten einschließen. Technik und Wirtschaft sollten in der Schule eine größere Rolle spielen. Statt eines eigenen Unterrichts faches würde es oft schon genügen, Auf gabenstellungen in Mathematik oder 81
Name | Details |
---|